Wachstum, Wirtschaft und Werte
Zuviel ist nicht genug. Diese Grundhaltung, die sich aus Mangelbewusstsein und Minderwertigkeitsgefühlen ergibt, wird mit allen Mitteln der Werbung aufrechterhalten. Die Weltgesundheitsorganisation konstatiert deshalb in den hoch entwickelten Industriestaaten einen dramatischen Anstieg von Depressionen und angstbedingten psychosomatischen Erkrankungen.
Wachstum - im Grunde ein positiver Begriff – hat sich wie ein wuchernder Fäulnispilz entwickelt, der Mensch und Natur bedroht. Könnte sich ein natürlicher Wachstums- und Wohlstandzyklus entfalten, so wäre dies ein Segen für die Menschheit. Die Wirtschaft suggeriert uns: „Ihr müsst mehr kaufen und mehr haben, um zufrieden zu sein.“ Diese Logik „verbietet“ es förmlich, zufrieden zu sein. Ein Gefühl des Mangels muss erzeugt und aufrechterhalten werden. Werbung arbeitet gezielt in den Kern des Selbstbewusstseins. Minderwertigkeitsgefühle werden in die Menschen implantiert. Nur damit betreibt der Werbezirkus sein Geschäft. Mit anderen Worten: Ein unendliches Wachstum braucht eine künstlich erschaffene Minderwertigkeit.
Selbsterhaltungszwang und kein Fortschritt.
Wir werden in die Täuschung geführt, dass wir zufrieden sind, wenn wir nur alles haben. Unterbewusst ahnen wir, dass das nicht stimmt, dass Zufriedenheit nicht vom Besitz abhängt, sondern von Sinn, persönlicher Entwicklung und sozialer Teilhabe. Zufriedenheit steht und fällt mit Veränderungsbereitschaft und braucht Eigenverantwortung, Fehlertoleranz und Spielräume. Die Evolution lehrt uns, dass Entwicklung auf der Fähigkeit aufbaut, bestehende Rahmenbedingungen zu erweitern und umzugestalten (zu „reframen“).
Menschen unter Druck können sich nicht weiterentwickeln. Im Gegenteil, sie reduzieren ihren Blickradius fortschreitend, es ist ein Sich-zurückentwickeln. Druck erzeugt stromlinienförmige Angepasstheit, auch und gerade im Gehirn, nicht aber die neuronale Komplexität, die wir bräuchten, um es mit den steigenden Herausforderungen einer komplizierter werdenden Welt aufnehmen zu können. Wenn der Veränderungsdruck steigt, erhöhen wir die Kraftanstrengung in die bisher erfolgreichen Verhaltensweisen. Das Motto „schneller, höher, weiter“ braucht immer mehr Energie für immer geringer werdende Erfolge, bewirkt aber keinen echten Fortschritt.
Andersdenker sind die Schöpfer von Alternativen.
Ein Aufbruch zu neuen Horizonten braucht Voraus- und Andersdenker, Innovation braucht Veränderung durch ein erweitertes Denken. Bestehende Bedingungen oder Regeln müssen adaptiert, bestehende Grenzen beiseitegeschoben werden. Es muss möglich sein, Neues auszuprobieren. „Erzähl es mir und ich werde es vergessen. Zeig es mir und ich werde es behalten. Lass es mich tun und ich werde es verstehen,“ hat der chinesische Weise Lao Tse uns übermittelt.
Was ist für Sie so begehrenswert, dass die Neugier oder die Aussicht darauf, Ihnen die Scheuklappen herunterreißt? Welche Idee oder Vorstellung in ihrem Leben verleitet Sie dazu, etwas Genussvolles oder Inspirierendes zu tun? Was fasziniert Sie so sehr, dass der Wunsch die Zweifel schwinden lässt?
Die Intelligenz von Gruppen ist größer
als die Summe der einzelnen Intelligenzen. Interaktionsmuster in gemeinschaftlichen Systemen wachsen rasch über alte und einschränkende Verhaltensregeln hinaus. „In allen Bereichen in welchen sich das menschliche Gehirn vom tierischen unterscheidet, wird es allein durch Erfahrungen mit anderen Menschen strukturiert und geformt. Unser Gehirn ist das Produkt sozialer Erfahrungen und deshalb für die Gestaltung von sozialen Beziehungen optimiert“ (Gerald Hüther).
Eine erstrebenswerte Zukunft wird von Menschen gebildet, die mitdenken und mitgestalten, die sich einbringen, die Fehler machen, um daraus zu lernen, die gemeinsam mit anderen nach neuen Lösungen suchen und Lust darauf haben, mit anderen über sich hinauszuwachsen. Gebraucht werden Aufgaben, an denen wir wachsen können und Gemeinschaften, denen wir uns zugehörig, mit denen wir uns verbunden fühlen.
Wolfgang Berger und Dietmar Schrey
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